Einblick in Therapieansätze – Sexualberatung, Sexualtherapie, Psychotherapie

Einblick in Therapieansätze Sexualberatung, Sexualtherapie, Psychotherapie

Als Sexualberatung bzw. Sexualtherapie bezeichnet man spezifische Maßnahmen, mit denen Sexualstörungen gebessert oder beseitigt werden sollen. Sexualberatung zielt auf die Lösung eines klar umrissenen Problems (z.B. eine erektile Dysfunktion). Sexualtherapie strebt eine umfassende Veränderung des Verhältnisses an, das eine Person zu sich selbst und zu ihrer Sexualität hat.

Sexualtherapie fasst sich als eine besondere Form der Psychotherapie auf. Wenn Menschen mit dem eigenen Sexualleben unzufrieden sind, können sie gerne eine Unterstützung von Sexualtherapeuten bekommen. Psychotherapie ist ein allgemeiner Begriff, der sich auf eine breite Palette von Therapieformen bezieht, die darauf abzielen, geistige und emotionale Probleme zu behandeln. Psychotherapie kann helfen, Verhaltensmuster zu ändern, das Selbstbewusstsein zu stärken, die Körperwahrnehmung zu verbessern, Beziehungen zu optimieren. Sexualtherapie zielt darauf ab, den Menschen zu helfen, ihre Sexualität zu entwickeln.

Was macht ein Sexualberater bzw. ein Sexualtherapeut?

Was machen Sexualberater und Sexualtherapeuten

Wie gesagt, ist Sexualtherapie eine besondere Form der Psychotherapie. Das bedeutet, dass es zu keinem Körperkontakt kommt und jeder seine Kleidung anbehält. Es werden auch keine Medikamente verschrieben. Alleinige Pharmakotherapie unterdrückt kurz- bis mittelfristig die Symptomatik, führt aber in der Regel nicht zu einer langfristigen Besserung und Stabilisierung der Grundproblematik. Menschliche Sexualität ist mehrdimensional und mehrfunktional. Deswegen hilft Sexualtherapie und Psychotherapie oft viel effektiver, als Medikamente. 

Allerdings dürfen Psychotherapeuten und Sexualtherapeuten ohne ärztliche Ausbildung nur die sexuelle Dysfunktionen behandeln, die nicht durch organische Störungen oder Krankheiten verursacht sind. Um eventuelle physiologische Ursachen für sexuelle Probleme zu identifizieren, soll ein Arzt vorerst medizinische und körperliche Faktoren überprüfen.

Es ist wichtig zu wissen, dass Sexualtherapeut keine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung ist. D.h. jeder kann sich Sexualtherapeut nennen und seine Dienste auch ohne jegliche Ausbildung anbieten. Selbst für die Ausbildung erfordern viele Institute keine Aufnahmekriterien. Deswegen ist es sehr empfehlenswert, die fachliche Ausbildung und den beruflichen Werdegang des Sexualtherapeuten zu überprüfen. Störungen der Sexualität können vielfältige Ursachen und Folgen haben. Dabei muss das komplexe Zusammenspiel der vielschichtigen biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren betrachtet werden. 

Die meisten Online-Angebote für Sexualtherapie lassen sich grob in zwei Richtungen aufteilen:
1. Sexocorporel als therapeutisches Vorgehen mit dem Leitgedanken: Sexualität ist verkörpert. Sexuelles Erleben wird dabei konsequent auf körperliche Prozesse der Wahrnehmung und Handlung zurückgeführt.
2. Systemische Sexualtherapie betrachtet Sexualität im größeren Kontext der Beziehungen zu sich selbst und zu den anderen. Dabei geht es um den sexuellen Lebensverlauf, das erotische Potenzial und die Verschiedenartigkeit.
Beide Richtungen sind wissenschaftlich fundiert und verhelfen Menschen zu einer befriedigenden Sexualität.

Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Therapieansätze. Es kann Zeit und Geduld erfordern, um den für sich am besten geeigneten Ansatz zu finden. Es ist wichtig, einen qualifizierten und erfahrenen Sexualtherapeuten aufzusuchen, um die bestmögliche Behandlung zu erhalten.

Was ist eine systemische Sexualtherapie?

Was ist eine systemische Sexualtherapie

Systemische Sexualtherapie ist ein Therapieansatz, der einen verbesserten Zugang zu den eigenen sexuellen Wünschen und den sexuellen Wünschen beider Partner* bietet. Gleichzeitig wird Sexualität im Kontext der persönlichen und partnerschaftlichen Geschichte betrachtet. Die Entwicklung männlicher und weiblicher Identitäten endet sich nicht mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter. Die Entwicklung des sexuellen Verlangens kann auch ein zentraler Impuls für die Persönlichkeits- und Partnerschaftsentwicklung sein. Systemische Sexualtherapie zielt darauf ab, neue Erfahrungen für beide Partner* zu schaffen.

Sexuelle Symptome sind nicht unbedingt ein Zeichen von Mangel oder Fehlfunktion. Ob ein Symptom (z. B. eine Erektionsstörung) ein Problem oder eine Lösung ist, hängt vom Beziehungskontext ab, in dem es auftritt. Das Ausmaß des Leidens an sich schließt nicht aus, dass das Symptom eine Lösung sein kann. Eine vorzeitige Ejakulation beispielsweise kann unbewusst der Regulierung der Intimität dienen. Deswegen analysiert der Therapeut das Symptom als Ressource oder als Wunsch, anders zu sein („Ich will es anders“).

Sexuelle Dynamik ist nicht nur Paardynamik. Sexuelle Dysfunktionen treten auch in vielen stabilen Partnerschaften auf. Gleichzeitig kann sich in krisenhaften Beziehungen eine intensive Sexualität entwickeln. Sexuelle Anziehung folgt einer eigenen Prozesslogik, die nicht mit der Logik der Bindung an einen Partner* zusammenhängt. Bindung schafft ein Gefühl von emotionalem „Zuhause“, Vertrauen und Zugehörigkeit. Das sexuelle Begehren ist kurzlebig und zweideutig: Es oszilliert zwischen dem Wunsch nach Verschmelzung, um Unterschiede zu minimieren, und einer Faszination für das Andere und Fremde, die Unterschiede betont. Sobald so etwas wie die Gewohnheit da ist, lässt die Lust meist nach.

Zwei Menschen = zwei sexuelle Profile. Partnerschaftliche Sexualität ist nur ein Teil des sexuellen Spektrums von Partnern*. Das sexuelle Spektrum einer Person umfasst auch den Teil der Sexualgeschichte, der vor der jetzigen Partnerschaft stattgefunden hat, die nicht partnerbezogenen erotischen Fantasien, die sexuellen Erfahrungen mit anderen Partnern*, die Selbstbefriedigung etc.

Sexuelles Verlangen hat viele Gesichter. Welches dieser Gesichter wir sehen, hängt vom Kontext der Interaktion ab. „Negative“ Aussagen werden von vielen sexuellen Symptomen gemacht, wenn auch in verschleierter Form. Sexuelles Verlangen ist sehr individuell. Systemische Sexualtherapie unterstützt auf dem Weg zur Verwirklichung der Sexualität, hilft dabei, Bedürfnisse zu erkennen und mehr Lust zu erleben.

Warum Sexualtherapie und Psychotherapie?

Psychotherapeutische Behandlung bei sexuellen Ängsten

Der Körper, Gedanken, Gefühle und menschliche Beziehungen sind gleich wichtig, weil sie sich gegenseitig beeinflussen. Wenn Sie sich schlecht fühlen, ein negatives Erlebnis oder eine zerbrochene Beziehung haben, dann kann es sein, dass der Körper dies ausdrückt. Eine sexuelle Dysfunktion kommt selten „allein“, viel öfter ist sie mit anderen Problemen gebunden. Innere und zwischenmenschliche Konflikte können sowohl Ursachen als auch Folgen sexueller Störungen sein. Deshalb sprechen systemische Therapeuten von Zirkularität. Es ist wichtig, die Elemente des Kreises zu begreifen, in dem die bereits manifestierte oder gerade entstehe Störung eingewoben ist. Sexuellen Störungen liegen sehr oft emotionale Probleme wie Depressionen, Angstzustände oder Probleme in der Beziehung zugrunde. Eine psychotherapeutische Behandlung kann die psychologischen Ursachen der Störungen beheben und somit auch die sexuellen Funktionen verbessern.

Nehmen wir als Beispiel eine Angststörung, die sich auf das sexuelle Verlangen, die sexuelle Funktion oder die sexuelle Performance bezieht: die Sexualangst. Das ist ein häufiges Problem, das sowohl Männer als auch Frauen betrifft. Sexualangst kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, wie z.B. Verlegenheit, Scham, Vermeidung von sexuellen Aktivitäten, mangelnde Lust, erektile Dysfunktion und Orgasmusstörungen.

Neurophysiologisch ist Angst der wichtigste Antagonist der sexuellen Erregung. Die Angst kann die sexuellen Funktionen lahm liegen oder der Orgasmusreflex zu schnell auslösen. Aber die Angst kann auch erotisieren, wenn die Person ein gewisses Maß an Angst mit einem erregenden Zustand assoziiert. Die Dosis macht das Gift.

Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die zur Entwicklung von Sexualangst beitragen können, einschließlich früherer schlechter sexueller Erfahrungen, fehlender sexueller Bildung, sozialer Ängste, moralischer Werte, kultureller Überzeugungen und mangelnder sexueller Kompetenz.

Was macht Angst? Ist die Bedrohung so lebensgefährlich, dass nur die instinktiven Reaktionen „fliehen“, „kämpfen“ oder „erstarren“ übrig bleiben? Oder macht die bloße Vorstellung einer Bedrohung Angst? Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Angst vor der Angst empfinden kann.

Angst entsteht dann, wenn wir eine Erwartung haben und in der Realität etwas erleben, was nicht zur Erwartungshaltung passt. Ein negatives Erlebnis verunsichert, es bilden sich negative Affektzustände aus. Bestimmte Bereiche im Gehirn werden so stark sensibilisiert, dass man sehr schnell in negative Kreislaufe kommt: Vermeidung-Belastung-Vermeidung usw. Man kommt in den Zustand des Dauerstress, in dem Lösungen nicht mehr möglich sind. Da man das Problem nicht lösen kann, wertet man sich selbst ab. Eine weitere Niederlage wird vermutet. Die Vermutung ist eine Art von Vorstellung: man malt sich etwas aus, was nicht gut ausgeht. Damit erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass die Vermutung wahr wird: die Vorstellungskraft ist sehr mächtig! Das negative Geschehen bestätigt das negative Selbstbild. Das negative Selbstbild wird zum „Erfolgserlebnis“.

In der Psychotherapie geht es darum, zu verstehen und herauszuarbeiten, was dem Klienten wirklich Angst macht. Wie werden sich seiner Denken, Fühlen und Handeln dadurch verändert? Was kann ihm helfen, gar nicht erst in den Würgegriff der Angst zu geraten? Und wenn die ihn doch erfasst hat – was hilft ihm, sich möglichst schnell wieder daraus zu befreien?

Kann man selber seine sexuellen Probleme lösen?

Bei sexuellen Problemen sich selbst helfen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit sexuellen Störungen umzugehen und eine Selbsthilfe zu leisten. Die Tipps sind ziemlich banal:

  • Lebensstiländerungen: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, Stressmanagement (Yoga, Meditation) und der Verzicht auf Alkohol, Tabak oder Drogen können dazu beitragen, die sexuelle Gesundheit zu verbessern.
  • Sexuelle Hilfsmittel wie Vibratoren, Penispumpen, Lubrikanten können bei einigen sexuellen Funktionsstörungen wie erektiler Dysfunktion, Scheidetrockenheit oder Orgasmusproblemen eine mechanische Hilfe leisten.
  • Beziehung zu sich selbst: ehrlich mit sich selbst bleiben, sich selbst trösten und beruhigen können, sich flexibel verhalten, ohne eigene Identität zu verlieren, Unbehagen um eigener persönlichen Entwicklung willen zu ertragen.
  • Kommunikation mit dem Partner*: regelmäßig über sexuelle Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen und neue Dinge auszuprobieren, um das Sexualleben aufrechtzuerhalten. Eine offene und ehrliche Kommunikation hilft, Sorgen abzubauen und das Verständnis für die Situation zu gewinnen.

* – für unendliche Vielzahl an Selbstbezeichnungen

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