Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern

Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern

Sexualstörungen bei Männern

Welche Arten von Sexualstörungen gibt es bei Männern? Die häufigsten sexuellen Funktionsstörungen bei Männern sind: vorzeitige Ejakulation, erektile Dysfunktion, sexuelle Lustlosigkeit. All diese Störungen können primär, d. h. von Anfang an bestehen oder sekundär, d. h. durch bestimmte Ereignisse ausgelöst sein. Man unterscheidet auch eine generalisierte (alle Formen sexueller Betätigung betreffend) oder eine situative (nur bestimmte sexuelle Aktivitäten oder Partner betreffend) Form. Die sexuellen Funktionsstörungen des Mannes können sich auch untereinander kombinieren, z. B. Ejaculatio praecox mit sekundärer Erektionsstörung oder Lustlosigkeit. Auch innerhalb eines Paares kann zur Kombination verschiedener Funktionsstörungen kommen, wie Ejaculatio praecox mit Appetenzverlust oder Anorgasmie der Partnerin. Dadurch sind sexuelle Dysfunktionen nicht nur als individuelles Problem des Symptomträgers zu sehen – sie haben immer auch interindividuelle Bedeutung. Sexuelle Störungen haben dann eine gute Prognose, wenn sie frühzeitig behandelt werden, sonst ist die Gefahr der Chronifizierung groß.

Sexuelle Funktionsstörungen sind keine Seltenheit. Eine Studie zu neuen diagnostischen Leitlinien hat innerhalb eines Jahres bei 33,4% der befragten Männern eine oder mehrere sexuelle Probleme einschließlich geringer Beschwerden registriert. Zu einer stark beeinträchtigenden sexuellen Dysfunktion gemäß der ICD-11-Leitlinien kam es bei 13,3 % der sexuell aktiven Männer (am häufigsten erektile Dysfunktion: 6,6 %, verfrühte Ejakulation: 4,5 %). Die erektile Dysfunktion nahm in den höheren Altersgruppen zu, der frühzeitige Samenerguss ab. 

Wann besteht eine Orgasmusstörung?

Die häufigste Art der Orgasmusstörung bei Männern ist vorzeitige Ejakulation. Das ist eine Ejakulation, die immer oder fast immer vor der Penetration oder innerhalb von einer Minute nach der Penetration stattfindet. Die Häufigkeit von frühzeitigem Samenerguss variiert in verschiedenen Studien. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass es bei bis zu 30% der Männer vorkommt. Eigentlich ist Ejaculatio praecox keine Störung im medizinischen Sinne, es sei denn, es stört das Sexualleben des Mannes oder/und seiner Partnerin/seinen Partner und verursacht dadurch Stress oder Beziehungsprobleme. Kennzeichen des vorzeitigen Orgasmus ist eine Unfähigkeit zur Erregungssteuerung. Die Störung kann primär (seit Aufnahme sexueller Kontakte) oder sekundär auftreten. Mögliche Ursachen wie entzündliche Reizzustände, Anatomie, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Suchtgiften sind mit einem Arzt abzuklären. Die rasche Erregungsabfuhr kann in der Jugend durch Masturbation antrainiert sein oder durch lange Koitusintervalle gefördert werden. Die mangelnde Wahrnehmung des Erregungsaufbaus ist aber viel öfter durch Ablenkung und Angst bedingt. Bei den betroffenen Männern besteht eine erhöhte Anspannung schon zu Beginn der Intimität. Die innere Anspannung ist oft der Grund, warum auf Gegenseitigkeit beruhender sexueller Kommunikation unmöglich ist. Schuld- und Versagensgefühle begünstigen den sexuellen Rückzug des Mannes. Oder er konzentriert sich kompensatorisch auf die sexuelle Befriedigung des / der Partner(in). Diese(r) erlebt dieses Bemühen oft als nicht echt, verliert die Lust und zieht sich auch zurück, was dann vom Mann als weitere Bestätigung des eigenen Versagens gewertet wird. Die beiderseitige Ausweichspirale kann zu einer erheblichen Zerrüttung und Gefährdung der Partnerschaft führen. „Hausmittel“ wie Ablenkung, dickwandige Kondome, anästhesierende Cremes und Sprays gehen am Kern der Sache vorbei. Hoffnungen auf spontane Besserung sind unrealistisch und führen nur zu Zeitverlust und Chronifizierung.

Auch Orgasmushemmung (Ejaculatio retardata) oder ausbleibender Orgasmus (Anorasmie) kann von beiden Partnern als belastend und die Intimität als wenig genussvoll erlebt. Der Koitus wird als „harte Arbeit“ wahrgenommen und abgebrochen, wenn nach einer bestimmten Zeit die Erektion nachlässt oder eine Resignation eintritt. Auch für den/die Partner(in) kann der ausgedehnte Koitus unangenehm werden, wenn störende Empfindungen oder Schmerzen auftreten.

Den chronifizierten Orgasmusstörungen können tief verwurzelte Konflikte und unbewusste Ängste und / oder Fantasien zugrunde liegen, die psychotherapeutisch zu behandeln sind.

Wann spricht man von einer Erektionsstörung?

Die Erektionsstörung ist definiert als anhaltende oder wiederkehrende Unfähigkeit, eine adäquate Erektion zu erlangen oder bis zur Beendigung der sexuellen Aktivität aufrecht zu erhalten. Gelegentliche Schwierigkeiten oder auch solche, die nicht mit deutlichem Leiden oder zwischenmenschlichen Schwierigkeiten verbunden sind, sind nicht als erektile Dysfunktion angesehen. Erektionsstörungen können auf körperliche(z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) oder psychische (Depression) Erkrankungen und damit verbundene Medikation (Blutdruckmedikamente, Antidepressiva) zurückgeführt werden, aber auch auf das Rauchen, Alkoholkonsum, Stress, Schlafmangel usw.

Erektionsstörungen können mit einem enormen Leidensdruck verbunden sein. Erektionsstörungen können primär (mit Beginn der Aufnahme sexueller Kontakte) oder sekundär sein. Die sekundäre Erektionsstörung tritt oft nach einer Phase unbeeinträchtigter Sexualkontakte zumeist nach dem 40. Lebensjahr auf, wenn mit dem Älterwerden der Testosteronspiegel langsam abnimmt. Durch den Verlust der sicheren Erektionsfähigkeit wird das männliche Selbstverständnis zentral erschüttert. Es entstehen Versagens- und Erwartungsängste. Ein weiteres wichtiges Kriterium unterscheidet einen generalisierten vom situativen Typus. Das Problem der meisten Männer ist die partnerbezogene (d.h. „situative“) Erektionsstörung, die unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Bei einem Mann geht eine länger anhaltende Gliedsteife im Moment der Einführung schlagartig zurück, bei einem anderen erst während des Koitus. Wieder bei einem anderen besteht von Beginn der gemeinsamen Intimität an eine für den Verkehr nicht ausreichende Rigidität des Penis.

Sexuelle Lustlosigkeit (Appetenzverlust)

Die Störung mit verminderter sexueller Appetenz ergibt sich als ein anhaltender oder wiederkehrender Mangel oder ein Fehlen von sexuellen Fantasien und des Verlangens nach sexueller Aktivität. Das geringe Sexualverlangen kann generalisiert oder situativ sein. Der betroffene Mann übernimmt gewöhnlich nicht die Initiative oder beteiligt sich nur widerwillig an einer sexuellen Aktivität, wenn diese von dem/der Partner(in) initiiert wird. Eine geringe Appetenz ist häufig mit Schwierigkeiten der sexuellen Erregung oder des Orgasmus (als Ursache oder Folge) verbunden. Die Fähigkeit zu Erektion oder Orgasmus als Reaktion auf sexuelle Stimulierung kann aber auch erhalten sein.

Störungen der sexuellen Appetenz können zum einen als sexueller Appetenzmangel oder Appetenzverlust, zum anderen – noch gravierender – als Sexualaversion auftreten. Die Aversion kann sich auf bestimmte Aspekte, z. B. Sekretionen oder Penetration beziehen oder generalisiert gegenüber allen sexuellen Stimuli bestehen. Gefühle wie Angst, Furcht, Ekel führen dazu, dass jeglicher oder fast jeglicher genitaler Kontakt vermindert wird. Die Intensität kann bis zu Panikattacken reichen, mit extremer Angst, Gefühlen des Schreckens, der Ohnmacht, Übelkeit, Herzklopfen, Schwindel und Atembeschwerden. Störungen der sexuellen Appetenz führen zu erheblichen Problemen in der zwischenmenschlichen Beziehungen und zu verdeckten Vermeidungsstrategien (frühes Zubettgehen, Überengagement in anderen Lebensbereichen, Substanzmissbrauch, Vernachlässıgung der äußeren Erscheinung, usw.).

Die Ursachen der Lustlosigkeit sind heterogen und können im somatischen, psychischen und / oder partnerschaftlichen Bereich liegen: an anderen Funktionsstörungen oder Erkrankungen, an Stress und Überforderung, an Beziehungsproblemen, an paraphilen Neigungen, an der sexuellen Orientierung, an diversen Ängsten oder Missbrauchserlebnissen. Sexuelle Lustlosigkeit war noch vor vier Jahrzehnten ein fast ausschließlich bei Frauen auftretendes Symptom. Seither findet sie sich zunehmend auch bei Männern. Traditionelle männliche Rollenbilder verschwinden, Frauen äußern Anspruch auf sexuelle Selbstbestimmung und Initiative. Auswirkungen auf männliches Selbstbild haben auch sexuelle Mythen, die die Pornoindustrie und die Medien verbreiten. Soziale Faktoren bedienen die Unsicherheit mit, und Sexologen sprechen über eine neue Sexualstörung: „Angst vor sexueller Leistung“

Wie werden die Störungen sexualtherapeutisch behandelt?

Eine Psychotherapie ist hilfreich, um Stress, Angst oder Depressionen zu behandeln, die sexuelle Probleme verursachen. Angst und Unsicherheit können für das Auftreten der Sexualstörungen und für deren Aufrechterhaltung in hohem Maße verantwortlich sein. In den meisten Fällen liegt die Problematik innerhalb einer Paarbeziehung in Diskrepanz oder Gefälle im sexuellen Verlangen beider Partner.

Die potenzsteigernde Wirkung der meisten pflanzlichen Mittel ist wissenschaftlich nicht belegt. Milde Effekte sind nur für Ginseng und Yohimbin nachgewiesen. Die Verwendung potenzsteigernder / erektionsfördernder Mittel leistet nur dann eine zusätzliche Hilfe, wenn ihr Einsatz mit dem Paar besprochen wurde.

Systemische Sexualtherapie mithilft die Sexualproblematik als Paarproblem zu verstehen, da immer beide Partner betroffen sind. Der Therapeut betrachtet verschiedene Seiten des Problems: die kommunikative Bedeutungszuschreibung, die Selbstverstärkungsmechanismen (Versagensangst, Leistungsdruck und Vermeidungsverhalten) und die frustrierten Bedürfnisse. Durch die Korrektur der Sexualitätskonzepte beider Partner entfällt die innere „Versagensprogrammierung“: Selbstbeobachtung – Ablenkung – Resignation. Eine offenere Kommunikation räumt Fehldeutungen und Missverständnissen aus. Eine offene Kommunikation mit der Partnerin / dem Partner und die sexualtherapeutische Unterstützung helfen, ein erfülltes sexuelles Leben zu führen

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